Die Zeichnung beginnt mit einem Strich auf dem Blatt. Dieser hat ein Anfang und ein Ende. Ich reagiere auf dessen Beschaffenheit, ist er gespannt oder schlaff, dick oder dünn, offen oder geschlossen, rund, eckig, kantig, gewellt, usw.
Der Strich soll mich verführen ihm zu folgen. Ich lasse ihn in meiner Vorstellung weiterlaufen und setze zeichnerisch Referenzmarken aufs Papier. Es entstehen Schichten. Ich befinde mich in einem stetigen Wechselspiel, zwischen dem was auf der Zeichnung zu sehen ist und den bei mir geweckten Assoziationen. Je nach dem wie sich sie sich mit den Strichen verknüpfen einstehen andere Bilder. Die Zeichnungen sind abstrakt, sie lösen aber einen konstanten inneren Trompe-l’œil Effekt des etwas Erkennens. Bei jedem Durchgang verlagere ich den Blick: Ich erkenne eine Raum, suche einen Fluchtpunkt, wechsle in die Vogelperspektive, sehe ein kartografisches Netz, einen Makrokosmos, das Universum, Figuren, Körper oder rein Abstraktes. Ich füge ständig hinzu. Grössere Blätter entstehen über Wochen bis Monate, die ganz Grossen dauern bis zu einem Jahr. Jeder Arbeitstag hinterlässt eine Spur und hat seine eigene Tagesform. An einem bestimmten Grad der Verdichtung entwickelt sich eine Vision, ich erkenne Inhalte und Themen, Neues und Rätsel. Der Faktor Zeit spielt bei der Entstehung und Betrachtung eine bedeutende Rolle. Der Prozess des Sehen durch die Notationen einzelner Schichten lässt sich mit filmischer Wahrnehmung vergleichen. Die Zeichnung oszilliert zwischen dem Erkennen von figurativen, narrativen Ansätzen und dem Zerfall des eben Erkannten, in sich verästelnde Abstraktion.
Die Entscheidung, wann eine Zeichnung fertig ist, ist unterschiedlich, gewisse Stoppen abrupt andere lasse ich zeichnend ausklingen.