Mein Vorschlag konzentriert sich auf den Innenbereich des Neubaus OP/ITS der Charité. Ich plane, eine wandfüllende Zeichnung (18 x 9 m) anzubringen. Diese abstrakte Zeichnung, hauptsächlich in großem Format, ist nicht auf den ersten Blick erfassbar und lässt keine konkreten Inhalte erkennen. Sie spielt mit vagen Bildern und Erinnerungen, die die Vorstellungskraft des Betrachters anregen.
Die Zeichnung besteht aus feinen, gestischen, schwarzen Linien auf weißen Blättern. Diese Linien sind gerade und geschwungen, durchgezogen, gestrichelt und unterbrochen. Sie bilden Volumen, Felder, Zyklen und Achsen und erscheinen leicht, fragil und in ständiger Veränderung. Die Gesten variieren von akribisch bis locker skizziert, verdichten sich oder lösen sich auf und bedecken das ganze Bild oder nur kleine Bereiche.
Wesentliche Eigenschaften der Zeichnung sind Rhythmus, Wiederholung, Komplexität und Reduktion. Linien, die wie Fluchtlinien wirken, führen den Blick zu leeren Bildmitten oder außermittigen Mittelpunkten. Zeichnerische Dichtefluktuationen bilden dunkle Agglomerationen, aus denen konzentrische Bewegungslinien hervorgehen und die Formationen ständig verändern. Der Lichthof des Klinikums, in dem die Zeichnung angebracht wird, ist ein funktionsloser Raum, den man beim Vorbeigehen streift. Er ist ein Kreuzungspunkt vieler Funktionen und Bewegungen, umgeben von Laboren, OP-Sälen und Intensivpflege. Die Zeichnung reagiert auf diese räumlichen und psychologischen Zustände und erlaubt dem Betrachter, Details prozessual zu entdecken oder visuell zu reisen.
Die gestischen Markierungen der Zeichnung wecken Assoziationen zu kartografischen Elementen, musikalischen Notationen, Topografien, Flussverläufen, Körpern, Organismen, Nervensystemen und Blutgefäßen. Auch Phänomene wie Windböen, Strudeln oder Sonnenstrahlen werden angedeutet. Die Formen gewinnen Kontur und lassen den Betrachter immer wieder ähnliche oder analoge Anordnungen und Dynamiken erkennen. So wird das Große im Kleinen gespiegelt.
Die Zeichnung vereint Außen und Innen, Körper und Geist, Neuronengeflecht und die verwirrende Erfahrung des Menschen als chaotischen Fluss von Gedanken und Empfindungen. Ob wir die Wirklichkeit als Raum, Zeit, Materie und Energie beschreiben oder in den Tiefen der Psyche suchen, bleibt eine Frage der Perspektive.